Drehscheibe – was immer dich anspricht
Dienstag 30. Oktober – Klub Luise / Magdeburg Der im Kneipen- und Szeneviertel am Magdeburger Hasselbachplatz gelegene Klub Luise wird unter dem Motto „Rent your Club“ betrieben. Dementsprechend ist das Veranstaltungsangebot sehr breit gefächert. Es reicht von privaten Feten über Spieleabende bis hin zu Musikveranstaltungen aller Couleur. Am Abend vor dem Reformationstag mietete sich dort die „Klub Elektrik – Crew“ ein. Bei dieser handelt es sich nicht um eine Vereinigung von Elektroinstallateuren, sondern um die wohl bekannteste Partyreihe der Landeshauptstadt.
Unter dem Label „Klub Elektrik“ sind mittlerweile acht Acts vereint. Auf myspace wird ihr Kredo offenbart. Alles Elektronische außer HardTechno und DiscoHouse kann aufgetischt werden. Die Einschränkung ist freilich etwas unpräzise. Aller Erfahrung nach bewegen sich die gebotenen Soundstrukturen in der Regel irgendwo zwischen Minimal, Techno, Deep/Techhouse und knackigem Electro. Bei den regelmäßig stattfindenden Veranstaltungen sorgen, neben den Performern aus der Crew, gewöhnlich ein überregionaler „Headliner“ sowie ab und an Lokalmatadoren befreundeter Gruppen für die musikalische Unterhaltung. Diese Nacht standen Lawrence aka Sten, Morris & Plastiksoul, Duensch & Reinsch hinter sowie das Live-Duo Clik hinter dem Pult im Klub Luise.

Der beschauliche Klub befindet sich in den Kellerräumen eines Gründerzeithauses im südlichen Abschnitt der Otto-von-Guericke-Straße. Durch eine eher unscheinbare Tür und über eine kleine Treppe gelangt man zunächst zur Kasse, danach in einen - eher als Aufenthaltsraum anmutenden - Barbereich. Es ist schon etwas unverständlich, warum gerade dem Eingangsbereich so wenig Beachtung geschenkt wurde. Im Gegensatz zum sonst sehr liebevoll und durchdacht eingerichteten Klub, wirkt dieser recht vernachlässigt. Hat man die erste Bar passiert, bietet sich sofort ein anderes Bild. Einige der Wände wurden wie Fels gestaltet. Bei anderen wurden die Bruchsteine des Mauerwerks freigelegt. Die zahlreichen bequemen Chilloutzonen sind vom Tanzbereich baulich abgetrennt. Dadurch versprüht der Klub einen katakombenartigen Charme. Unterstütz wird das Gefühl sich in einer Kreuzung aus Höhle und Tunnelanlage zu befinden durch eine dezente, überwiegend in Rottönen gehaltene Beleuchtung. Leider trübt der Sanitärbereich den sonst guten Eindruck. Von der Ausstattung her zwar gut im Schuss, kann man allerdings nicht von einem hygienischen Zustand berichten. Schon bei dem Gang die Treppe hinunter zu den Toiletten vernahm die Nase eindeutig wohin es gehen wird. Unten angekommen wünschte man sich nichts sehnlicher als Gummistiefel. Schon im Vorraum benetzte ein wässeriger Schlick die Fließen. Sehr unangenehm.

Angenehmer sollten die Musikdarbietungen des Abends werden. Zuerst standen Duensch & Reinsch hinter den Decks. Ihr überwiegend minimales Set konnte mich von der Machart zwar überzeugen, war allerdings für meinen Geschmack ein wenig zu brav um einen gelungenen Einstig in die Nacht darzustellen. Eine belebendere Musikauswahl wäre zu dieser Uhrzeit sicher angebrachter gewesen. Erst gegen Ende wurde die Fahrt erhöht. Die Wirkung auf der Tanzfläche bezeugte den Willen der Gäste. Die Stimmung wurde zusehends ausgelassener.
Gegen Eins erfolgte der Wechsel zu Clik live. Schon der Name des Duos verrät wohin die musikalische Reise führte. In das Land der reduzierten klickenden Beats. Durch einen sparsamen Einsatz flächenhafter Elemente wurden prägende Akzente gesetzt. Gekonnte Breaks luden zum kollektiven Ausrasten ein. Leider war das Platzangebot im Club nicht im angenehmen Verhältnis zur Zahl der tanzwilligen Gäste. Gern hätte ich mich nicht nur geistig von diesem wunderbaren Liveset einnehmen lassen. Trotz der Unmöglichkeit sich im Tanz dahintreiben zu lassen, verging der nur circa eine Stunde dauernde Auftritt wie im Fluge. Mit Applaus bedankte sich das begeisterte Publikum bei den Protagonisten und erwartete gespannt den Mix von Lawrence aka Stan.

Hinter dem Pseudonym versteckt sich der Hamburger DJ, Produzent und Betreiber des Labels dial, Peter Kersten. Seiner Biografie ist zu entnehmen, dass er „als Lawrence mit melancholischeren und dichteren Houseperlen die Welt entzückt und sich unter seinem zweiten Alias Sten in minimalere und schroffere Strukturen verkriecht“. Es stellte sich mir schon vorab die Frage, wie viel Lawrence und wie viel Stan mich erwarten würde. Einen Vorgeschmack bot mir eine Mix-CD, die von ihm für die 100. Ausgabe der Zeitschrift für elektronische Musik und Clubkultur „Groove“ erstellt wurde. Das Set in Magdeburg war von der Stoßrichtung her ähnlich. Wirklich schön anzuhören und passend zum sanften stundenlangem Tanzen. Auf der Running-Order dieser Nacht war er bis 04:00 Uhr angekündigt. Aus den angedachten zwei Stunden wurden drei. Die Bonusstunde scheint ein Zeichen dafür zu sein, dass es ihm mit dem Magdeburger Publikum gefallen hat. Bei dem überwiegenden Teil der Gäste beruhte dies sicher auch auf Gegenseitigkeit. Allerdings vernahmen meine Ohren auch ein paar kritische Stimmen. Manchen war der Mix streckenweise zu „langweilig“. Es überwog Deepness, die eher zum Schwingen und zum in sich gekehrten Tanz, als zum Rocken einlud. Bei dem fulminanten Ausklang gegen fünf Uhr wurden dann aber auch die Herzen der Rocker berührt. Der langen Tiefe folgte die Ekstase und mir drängte sich die Frage auf: Warum das Ganze nicht schon zwischendurch?

Mit Applaus endete auch dieser Auftritt Nun bekam das - schon sehnsüchtig am Pult wartende - Duo Morris & Plastiksoul die Gelegenheit sich zu präsentieren und die Nacht ausklingen zu lassen. Kurz und bündig lässt sich ihre Performance so beschreiben: Heimvorteil erkannt und angewandt. Gekonnt holten sie die letzten Energiereserven aus dem Publikum. Beats, Breaks, Arme hoch – ab geht die Post und von vorne. Gegen kurz nach halb sechs wurde auf diese Weise mein Akku fast vollends leergespielt. Erschöpft, aber sehr glücklich begab ich mich auf meinen vor der Tür geparkten Drahtesel und Radelte meinem ersehnten Bettlein entgegen.
Retrospektiv muss man wohl ein differenziertes Fazit ziehen. Die Lokation ist durchaus schön gestaltet. Allerdings war der Zustand des Sanitärbereichs eine Zumutung. Die vorgeführte Musik war überwiegend nach meinem Geschmack und bot beste Voraussetzung für einen ausgelassenen Reigen. Leider war es aufgrund der zur Hauptzeit übervollen Lokation kaum möglich diesen angemessen zu zelebrieren. Erst als sich die Reihen gegen vier halb fünf ein wenig lichteten, war dann ein wenig mehr möglich, als nur auf der Stelle auf und ab zu schwingen. Aber hätte ich keinen Platz in einer Ecke ergattert, die durch Abschirmung von zwei Wänden mehr Freiraum gestattete, wäre ein sich der Musik ergeben wohl die gesamte Veranstaltung über nicht möglich gewesen.
Raumklanggestalter:
Lawrence aka Sten
Clik -live-
Duensch & Reinsch
Plastiksoul & Morris
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