Heaven Re.loaded
Der Veranstaltungstitel sollte für den elektronik-bewanderten Magdeburger mehr als aussagekräftig sein. Für diejenigen, welche kaum Verbindung zur Stadt Ottos des Großen haben zunächst eine kleine Exkursion zu den Wurzeln.
„Das Heaven“ war eine kleine gemütliche Szenebar am „Hassel“, dem Amüsierviertel der Landeshauptstadt Sachsen-Anhalts. Im Gewirr aus Restaurants, Kneipen, Bars und kleineren Klubs war „Das Heaven“ einer der Fixpunkte für Liebhaber elektronischer Musik. Bekannt für anspruchsvolle musikalische Unterhaltung durch turnusmäßig wechselnde DJs oder Sonderveranstaltungen, wie die monatlich stattfindende Arteqcue Netlabelnight. Beliebt als Treffpunkt vor nächtlichen Expeditionen in die Magdeburger Clubs und berüchtigt für seine ausschweifenden Afterhours. Im Spätsommer 2007 dann das plötzliche Aus. Geblieben sind viele schöne Erinnerungen, gerade bei den Stammgästen und Wegbereitern. Am 29.12.2007 sollte das Heaven-Feeling wieder aufgefrischt werden. Zwar nicht in der ehemaligen Bar, aber immerhin fast in Sichtweite, im benachbarten Klub Luise.
Der beschauliche Klub befindet sich in den Kellerräumen eines Gründerzeithauses im südlichen Abschnitt der Otto-von-Guericke-Straße. Mit zwei Barbereichen ausgestattet, katakombenartig verwinkelten Räumen, zahlreichen bequemen und von der Tanzfläche abgetrennten Chilloutzonen sowie einer optischen Gestaltung, die an eine Kreuzung aus Keller und Höhle erinnert, versprüht der Klub einen angenehmen Charme. Verbunden mit dem ans frühere Heaven angelehnte Lineup: TINE (heaven), Verano (arteqcue, unique sounds), Steffen Felscher (klub elektrik) und dem Duo Pistole(klub elektrik) versprach es eine gemütliche und unterhaltsame Veranstaltung zu werden. Grund genug den heimatlichen Weihnachtsurlaub zu unterbrechen und zwischen dem Fest einen Abstecher an meinen Studienort zu unternehmen.
Allein ist es bekanntlich nur halb so schön und so starteten wir nachmittags zu viert, um am frühen Abend erwartungsvoll - aber mit knurrenden Mägen - sicher in Magdeburg anzukommen. Gegen den Hunger half ein ausgiebiges Festmahl beim Inder. Sehr köstlich. Sehr viel. Retrospektiv vielleicht etwa zu viel der guten Küche, zumindest was die anschließende Kondition betraf. Ein voller Magen macht träge. Da half auch kein ausgedehnter Verdauungsspaziergang durch Buckau bis zur Sternbrücke und von dort aus zum Hasselbachplatz. Eigentlich war hier noch ein Abstecher in eine der Bars geplant. Das immer noch stark vorhandene Sättigungsgefühl bewegte uns dann aber dazu, die viertel Stunde bis zur Öffnung des Klubs um 23:00 Uhr an der frischen Luft zu verbringen. Fast pünktlich auf die Minute - noch bevor die ersten Klänge die HK-audio-Boxen verließen - erhielten wir Einlass. Nach kurzer Besichtigungstour ließen wir uns in einer der Ruhezonen nieder, plauderten, genossen die Musik und beobachteten wie sich Stück um Stück der Klub füllte. So verging eine gehörige Zeit. Und obwohl die Musik sehr einladend war, konnte ich mich erst als Verano das DJ-Pult übernahm zum Tanzen bewegen.
Verano dürfte Netaudiofreunden durch Releases auf den Netlabels „arteqcue“ und „white in music“ bekannt sein. Zudem veröffentlichte er kürzlich auf „mixotic“ „the red chair“, ein Mixset welches besonders wegen seiner eigentümlichen „Deepness“ großen Anklang erfuhr. An diesem Abend präsentierte er einen gewohnt housigen Mix, welcher ungewohnt – live - von einem Saxophon begleitet wurde. Jan, der Saxophonist der Magdeburger Elektronika-Band „100 trips“, legte sich kräftig ins Zeug, fügte sich wunderbar in die dargebotenen Soundstrukturen ein und sorgte gekonnt für ein Quäntchen mehr an Euphorie. Das Publikum dankte mit ausgelassenem Tanz. Prächtige Stimmung – volle Tanzfläche. Was will man mehr?
Mit dem Wechsel zu Pistole wurden dann allmählich deftigere Töne angeschlagen. Peu á peu wandelte sich der Sound von House hin zu Techno und Electro mit „Arme hoch Faktor“. Hannes Bengsch und Rocco Brühl stellten einmal mehr ihre Entertainerqualitäten unter Beweis. Mitreißend am Deck tanzend und mit einem Schild bewaffnet, dessen mit einem empor zeigenden Pfeil versehene Aufschrift „This way“ den Weg der Stimmung ankündigte, trieben sie die Crowd zum kollektiven Ausrasten.
Gegen vier war für mich der Zauber vorbei. Das ausschweifende Abendessen, Spaziergang und Tanz sorgten bei meinen Begleitern für einen verfrühten Erschöpfungszustand und so begaben wir uns glücklich auf den Heimweg. Vielleicht kann ja jemand anderes berichten, wie die Veranstaltung in den nachfolgenden Stunden verlief.
Fazit: Eine sehr schöne Veranstaltung an der es fast nichts auszusetzen gab in einer angenehmen Lokation. Allerdings wird der relativ gute Eindruck des Klubs durch den von Beginn an nicht akzeptablen Zustand der Sanitäranlagen getrübt. Hier sollten die Betreiber des „Mietklubs“ unbedingt mehr Sorgfalt walten lassen.
Fotos vom Zeitfixierer: http://www.flickr.com/photos/_timl/sets/72157603586049160/
Lineup:
TINE (heaven)
VERANO (arteqcue, unique sounds)
STEFFEN FELSCHER (klub elektrik)
PISTOLE (klub elektrik)
Links:
http://www.myspace.com/pistolemd
*Die zur Illustration verwendeten Bilder wurden
freundlicherweise vom Zeitfixierer
bereitgestellt.
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