Montag, 29. August 2011

Buckau Rock @ Kunstkantine Magdeburg (03.11.07)

Buckau Rock

Magdeburg, 03.11.2007 „Buckau Rock“ ist der Slogan einer Location der elektronischen Musikszene, die wohl am ehesten das Prädikat „Underground“ verdient hätte. Der vielerorts als bloße Marketingformel verwendete Begriff (um so einer Veranstaltung das scheinbare Attribut der Exklusivität zu verleihen), wird in der Kunstkantine gelebt, ohne auch nur in einem Nebensatz beschworen zu werden. Der Fokus der Veranstaltungen liegt wirklich auf der lokalen Szene. Das betrifft sowohl Publikum als auch Entertainer.




Bereits im Vorfeld der Veranstaltungen erfolgt diskret eine Auswahl der Gäste. Zunächst wird vergleichsweise spärlich, allerdings sehr gezielt geworben. Neben Ankündigungen auf einschlägigen Internetseiten wird hauptsächlich auf Mund zu Mund Propaganda gesetzt. Ist der Termin publik, gilt es für den potentiellen Besucher einen der „Einladungsflyer“ zu ergattern. Diese wiederum sind dann auf Nachfrage in Plattenläden sowie Szenebars der Elbestadt erhältlich und notwendig, um am Veranstaltungstag Einlass zu erhalten. Mag man die Wirkung einer solchen Vorselektion - was die Struktur des Publikums angeht - noch kritisch hinterfragen können, so hat sie definitiv andere nicht von der Hand zu weisende Vorteile:

Da die Kapazität der Lokation nicht unermesslich ist, kann somit schon im Vorfeld ein Besucheransturm vermieden werden, welcher eine großflächige Auslese anhand subjektiver Kriterien der Türsteher notwendig machen würde. Eine Abweisung mit der Begründung: „Du brauchst so einen Flyer.“ ist objektiver und fairer als: „Mit den Schuhen kommste hier nich rein.“ Des Weiteren muss die Nachfrage nicht mittels Preismanagements vermindert werden. Sowohl der Unkostenbeitrag als auch die Getränkepreise sind äußerst besucherfreundlich gestaltet und liegen unter dem für Magdeburg üblichem Niveau. Der positivste Effekt der Einladungen liegt aber in der Generierung von Vorfreude. Wer sich eine der Einladungen besorgt hat, wird den Veranstaltungstermin gespannt erwarten. Dies ist wiederum sehr förderlich für eine positive Grundstimmung der Gäste.

Dass die Veranstaltungen jenseits der Norm verlaufen, zeigt sich auch bei der Zusammenstellung des Lineups. Auf überregionale Headliner wird weitestgehend verzichtet. Die Musikauswahl obliegt den Residents und lokalen Klanggestaltern. Kurz um könnte man das Konzept vereinfacht so darstellen: Eine Party von und für die elektronische Musikszene Magdeburgs sowie ihrer Liebhaber.

So durchdacht wie das Konzept, wirkt auch die Gestaltung der Location. Der unscheinbare Eingang befindet sich im Hof eines alten Industriegebäudes. Hinter einer Holztür verbirgt sich eine Treppe über die man hinunter in den Klub gelangt. Dort befinden sich ein Floor, mehrere bequeme Ruhezonen, sowie zwei Barbereiche. Einer dient zum Verkauf von Flüssigen in Flaschen, der andere zum Ausschank von Cocktails und Longdrinks. Ist Ersterer für das schnelle Versorgen mit Getränken konzipiert, bietet der Zweite die Gelegenheit zum Verweilen abseits des Trubels im Tanzsaal.

Der Floor ist funktionell aber dennoch stilvoll eingerichtet. Die industrielle Geschichte der Räumlichkeit ist noch klar erkennbar. Allerdings als integraler Bestandteil der Einrichtung und nicht wie oft bei derartigen Locations als einzig prägendes Element. An zwei Wänden wurden die weißen Kacheln von „W. Paul und Miller“ erhalten. Weitere Anknüpfungspunkte sind die zahlreichen alten Versorgungsrohre an der Decke und Abflüsse im Boden. Die neu gestalteten Wandteile sind rot angestrichen und werden von abstrakten Formen im industriellen Design aufgelockert. Das leicht erhöhte DJ-Pult fügt sich gut in das Ambiente ein. Hier findet sich auch der Slogan der Veranstaltungsreihe wieder. In den Sockel hinein gefräst und rot beleuchtet kündet „Buckau Rock“ vom Ziel der Entertainer auf der anderen Seite: Die Gäste mit elektronischen Beats zum Rocken zu bringen.

An diesem Abend hatte Lorenz Krach die Aufgabe, den Prolog des musikalischen Handlungsstrangs zu führen. Dies gelang ihm sehr gut. Stück für Stück gewann er die Gunst der eintrudelnden Gäste. Bis zum Wechsel gegen ein Uhr hatte er einen umfassenden Reigen eröffnet. An sein Set schloss sich nahtlos der Mix von Rocco Brühl an. Die erste halbe Stunde überzeugte mich vollkommen, dann war ich allerdings erst einmal zu einer kurzen Pause gezwungen. Die Anreise und das ausgedehnte touristische Tagesprogramm hatten meinen Gästen aus der Heimat anscheinend derart zugesetzt, dass sie Schlaf dem Tanz vorziehen wollten. Ich begleitete sie in meine Wohnung, richtete ihr Nachtlager her und entschloss mich dann allein wieder zur Kunstkantine zurückzukehren. Immerhin pünktlich genug, um die letzten Minuten von Roccos Set zu erleben. Die Stimmung war mittlerweile über dem Siedepunkt angelangt. In einem Gespräch konnte ich ihm allerdings einige Details zu seiner Performance entlocken. Rocco erzählte mir, dass er vor kurzem einen Faible für die Tracks von Dominik Eulberg entwickelt hat und dass er erstmals seinen eigenen neuen Track vor Publikum spielte. Hier sei angemerkt, dass dieser vorerst nur ihm vorbehalten sein wird.


Nach Rocco übernahm Just Etienne das Turntable. Mit einem abwechslungsreichen Mix quer durch die Spielarten elektronischer Musik und dem gekonnten Ausbalancieren neuer und alter Hits hielt er die Stimmung auf konstant hohem Niveau. Im Übrigen schien auch er auf den Sound aus dem eulbergschen Klanglabor zu stehen. Wenn mich nicht alles täuscht war mit „Rave Rabbit“ (Traum Schallplatten) die Arme-Hoch-Hymne des Abends gefunden. Den Kulminationspunkt bildete aber nicht Eulberg, sondern die kurze Gesangseinlage von Jenny. Die Sängerin von „The Razors Edge“ machte es sehr spannend. Lange Zeit stand sie stumm mit einem Mikrophon in ihrer Hand neben Just Etienne auf der Bühne, ehe sie dann ein minimaleres Stück mit ihrer Stimme würzte.

Dem wilden Mix aus allem was Spaß macht und Gesangseinlage, folgte ein bodenständiges, stringentes minimalistisches Set von Matthias Helbig. Ob Zufall oder Definition lässt sich schwer feststellen: Der Plattendealer des „unique“ spielte ziemlich zum Anfang „Khes“ vom neuen Dapayk & Padberg Album „Black Beauty“. Die Massage des Tracks passt auf alle Fälle zur Kunstkantine: Die Musik ist das was zählt!


Ab fünf Uhr wurde der minimalistisch deepe Pfad verlassen. DJ Torks Definition von elektronischem Rock war deftiger. Er präsentierte knarzig-verschrobene Electrosounds und würzte sie mit allerlei Spielereien seinerseits. Scratchingeinlagen, wilde Fades, Klangregulierungen am laufenden Band. Kurzum: Er war pausenlos am „Machen und Tun“. Allerdings wirkte seine Performance anfangs ein wenig unrund und fing sich erst nach einer Zeit. Als auch seine Vorführung mein Rockerherz eroberte, ergab ich mich nochmals bis kurz nach sechs Uhr vollends der Musik. Dann siegte die Müdigkeit und ich begab mich glücklich auf den Heimweg.

Fazit: Die Veranstaltung war sehr gelungen. Es passte für meinen Geschmack einfach alles. Die Musik war abwechslungsreich und reichte von Klassikern wie „Flat Eric“ bis hin zu brandaktuellen Veröffentlichungen. Die Gäste waren überwiegend sehr aufgeschlossen und es viel überaus leicht mit dem einen oder anderen unverfänglich ins Gespräch zu kommen. Positiv ist auch zu erwähnen, dass mit dem Erreich der Kapazitätsgrenze im Klub der Einlass limitiert wurde. Wer nicht rechtzeitig kam, musste vor der Tür warten, bis im Innern wieder ausreichend Platz zur Verfügung stand. Mein Dank gilt der gesamten Kunstkantine-Crew und den DJs für eine schöne durchtanzte Nacht. Desweiteren einer jungen Dame für ihr bezauberndes Lächeln und natürlich allen, die mich mit den notwendigen Informationen für diesen Bericht versorgt haben.

Lineup:
Lorenz Krach
Rocco Brühl
Just Etienne
Matthias Helbing
DJ Tork


Spatzen pfiffen folgendes vom Dach: Die Musik des Abends wird demnächst auf einer der beiden Seiten erhältlich sein. Ganz leicht mache ich es den Interessierten aber nicht. Um dem Stil der Veranstaltung treu zu bleiben, verlange ich auch eine kleine Anstrengung. Nur soviel sei verraten: Ein Sauggerät wird das virtuelle Aufsaugen der Mixsets ermöglichen



*Die zur Illustration verwendeten Bilder wurden freundlicherweise vom Zeitfixierer bereitgestellt.

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